Aufbruch. Abbruch.

Während ich nachts mit dem Scooter über Land fahre und von Aufkirch kommend die Winterlandschaft geniesse oder mit dem Neffen vor dem Kamin sitze und lange Geschichten austausche, nehme ich mir am Tag die alte Begrenzungsmauer im HOF vor, die den Schweinestall von den Hühnern trennte.

Ich komme aus Aufkirch und fahre die alte Bahnstrecke entlang

Der Tag beginnt mit einer Zugfahrt von Zürich nach München und NeuPerlach. Meeting. Dann mit dem Zug zurück nach Kaufbeuren und von dort mit dem Bus nach Aufkirch «zum Dominik», der ein sakrisch gutes Bockbier braut. Die Geburtstagsfeier von Thomas Aschenbrenner ist ein vergnüglicher Austausch über das deutsche Bildungssystem und den Kampf der Stadt München jedes Jahr für 35.000 Menschen neue Wohnungen bereitzustellen.

Ich lasse den Lärm hinter mir und fahre in die Stille der Winternacht hinein. Die alte Bahnstrecke von Schongau nach Kaufbeuren ist jetzt ein Radweg, der mich ziemlich direkt zum LIN DEN HOF bringt. Ich geniesse die Fahrt, ich möchte immer weiter, auch wenn es kalt ist. Mir ist als würde die Welt stehenbleiben. So still und schön ist es auf der geraden Strecke.

Ein Durchbruch ist gelungen.

Am nächsten Morgen holt mich die Arbeit ein. Die Umbauten des HOFs zum HOF Publique stehen Ende des Monats an, und ich habe noch eine Aufgabe zu erfüllen, bevor es losgehen kann: Meissel raus, altes Waschbecken, Pissoir und eine halbhohe Schweinestallmauer abgerissen, Holzverkleidung des alten Fensters weggemacht. Bauschutt abtransportiert, das hält mich beschäftigt den Tag. Mit einer gewissen Ehrfurcht gehe ich diese Abbrucharbeiten an, es sind alte Mauern meiner Eltern und Grosseltern, die ich hier niederreisse. Eine Stimme in mir sagt «endlich», die andere sagt «noch etwas muss gehen». Ich verbinde mit dem Eck am alten Stallfenster meine erste «Kampf»erfahrung, denn unter der Wärmelampe (die jetzt auf dem Probenboden hängt) hatte ich ein erstes Gezerre mit einem Hahn um mein Stück Brot. Erst die Hand meiner Mutter hat mich von diesem Wüstling befreit, sonst hätte ich mein Essen verloren. Nicht einfach für ein Kind in diesem Alter. Ich musste zwei oder drei Jahre alt gewesen sein, als das passierte. Lange hielt ich die Szene für eingebildet, bis ich die Wärmelampe wieder entdeckte. Jetzt erinnert mich auch der feuchte Geruch des alten Mauerwerks daran.

Links steht hinter einer japanischen Schiebewand bald eine Sauna mit Sanitäranlagen

Ich dusche mir diese Erinnerungen wie den Staub von meinen Fingern ab und bereite den Abend vor. Es gibt Gans auf dem Kaminfeuer, Gemüse und Alkoholfreies. Neffe Bastian ist auf dem Weg zu mir. Immer ein glorreicher Abend. Meistens dauern sie ewig, diese Sessions vor dem Kamin. Auch diesesmal (bis 3:00 Uhr morgens) und nun auf den neuen Ohrensesseln, die man so schön nahe ans Feuer rücken kann.

Bastian ist nun auch ein Renovierer und Hausbesitzer im Dorf. Er übernimmt das Grosselternhaus der Hackenbergs und bringt es gerade wieder in Schuss. Handwerklich ist er mir um Längen voraus, macht das sehr akribisch und grossartig in der Ausführung. Und mit dem gleichen Spass. Ich kann ihn gut verstehen. Wie wir uns auch prinzipiell gut verstehen. Gleiche Settings, nicht nur hier. Abe wäre jetzt ein wenig zu privat Genaueres zu erzählen. Vielleicht nur soviel: Er geht am Morgen danach Eisbaden. In so kaltes Wasser würden mich nicht mal dreissig Schweine reinziehen können.

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