Die Welt ist sehr klein geworden für Mama, denn mit 87 reisst man keine Bäume mehr aus. Davon abgesehen würde sie es schon von ihrer ganzen Einstellung her nicht zulassen, Pflanzen auszureissen. Mama hat einen grünen Daumen. Und den legt sie inzwischen ganz gerne in den Schoß, weil sie am liebsten auf ihrem Sessel sitzt und in das Gennachtal hinunter schaut.
Aber nicht mit ihrem Sohn, der sie zu einem Spaziergang nötigt. Damit sie mal rauskommt.
Also schwingen wir uns aus dem LIN DEN HOF hinaus zum Bänkchen auf dem halben Weg zum Haldenwang. Das ist für Mama eine Riesenanstrengung, für mich mögen es gerade einmal 300 Meter hin und 300 Meter zurück sein. Wir sitzen in der Sonne und schauen auf die Berge, zu den anderen Dörfern hinüber, plaudern über dieses und jenes, schweigen wieder und geniessen die Sonne. Das Laufen tut ihr gut, es ist anstrengend. Und ihr Sohn will wissen, wie das Alter für sie ist.
Es fällt neben einer Menge an lustigen Aussprüchen der lapidare Satz. «Man wird alt und das Leben hört dann einfach auf.» So ist das, so etwas kann zwischen all den Blumen und der Sonne und der Freundlichkeit dieses Tages nur jemand sagen, der das Alter erreicht hat und es hinnimmt. Was soll man auch machen.
Wir standen auf, gingen langsam zurück. Das war für Mama das Maximum, und sie musste unbedingt (nennen wir es Altersstarrsinn) vor dem LIN DEN HOF durch eine enge Stelle zwischen der Linde und dem Busch hindurch, verkeilte sich, fiel um, sass am Boden. Erst einmal Ausatmen, Ruhe einkehren lassen. Dann ein vorsichtiges Aufhelfen. Ja, das Alter kommt einfach, und dann hört das Leben wie ein Sturz einfach auf. Kein Feuerwerk am Schluss, einfach Ende.
Aber noch leben wir, und lachen zusammen. Wir lachen viel, es ist heiter geworden, das mit uns beiden. Und abends, wenn wir zwei viel Glück haben, gibt es bei meiner Schwester ein tolles Abendessen und wir sitzen mit Blick auf ihren Garten da. Und lachen.
wie schön Harald. Und wie wahr. Erinnert mich an meine Mama. Wie es uns wohl mit dem Alter so ergehen wird?