Aggenstein. Als Weg.

57 Jahre lang den Berg nicht zu besteigen, den man immer vor sich gesehen hat, geht eigentlich gar nicht. Und ich hatte mir das als Abschluss der Bauarbeiten zur Feier 2021 vorgenommen. Das ging aber wettertechnisch nicht (siehe weiter unter). Umso mehr jetzt die Freude, den Aggenstein vom Tal über die Reichenbach Klamm zu besteigen.

Aggenstein kurz vor dem eigentlichen Einstieg.

Der Berg ist an sich nicht sehr hoch. Mit 1985 Metern nicht einmal ein 2000er, aber schon der steile Anstieg neben der Klamm, die man von der Talstation der Breitenbergbahn in 30 Minuten erreicht, hat es in sich.

Reichenbach Klamm

Der Weg führt hinaus auf das Skigebiet des Breitenbergs, der dem Aggenstein vorgelagert ist. Dort trifft man auf Menschenmassen aus der Mittelstation, die sich den Weg hier herauf leicht gemacht haben. Spätestens beim Einstieg in den Aggenstein trennt sich aber schnell Spreu vom Weizen wieder. Die Strecke führt vor allem an Schluss über einen ausgesetzten Seilweg. Aber die Aussicht ist eine Belohnung sondergleichen.

Blick vom Gipfel hinüber nach Füssen zum Forggensee, Säuling und Neuschwanstein

Also bin ich hinauf, habe dort oben eine Zigarre geschmaucht und mir klar gemacht: gut, auch der Aussenbau mit dem Hofgarten und der Nutzbarmachung der Beete ist abgeschlossen. Ich danke und bin glücklich. Die Mühsal darüber werde ich auf dem Berg lassen wie die des Aufstiegs. Jetzt kann es in einen schönen Winter gehen, so wie es hinab geht nach Pfronten.

Nein, das ist es nicht, was da oben an diesem letzten Oktobersonntag passierte. Den ganzen Bau, die Anstrengungen, das Alleine damit sein, habe ich auf den Aggenstein geschleppt und war dann frei. Habe eine Zigarre angezündet, AC/DC gehört und mir in der Sonne sitzend gesagt, dass ich nun nichts mehr muss. Ich kann ab jetzt alles tun, wie es mir beliebt. Der LIN DEN HOF kennt keinen Zwang für mich. Und das ist gut so. Glücklich und plötzlich so fest in mir bin ich von dort abgestiegen, habe einen langen Weg zurück gebraucht, um die Befreiung zu begreifen. Das ist passiert.

Juli 2021

An einem Sonntag zwischen den Arbeitstagen muss einmal Ruhe sein. Also werde ich aktiv und fahre nach Pfronten. Das Wetter ist mässig, die Seilbahn ist teuer, aber jeden Euro wert. Ich gondele zur Breitenberg Mittelstation und dann suche ich den Weg hinauf zum Breitenberg.

Was bilde ich mir aber auch ein, dass das so einfach geht. Ich habe mir zu viel vorgenommen. Den Aggenstein, den Breitenberg und das Brentschenjoch an einem Tag zu besteigen, das geht so nicht. Dazu hätte ich viel früher los müssen. Und ich hätte besseres Wetter benötigt. Nur weil ich noch nie (!) auf einem der drei Berge stand, muss ich die jetzt nicht an einem Sonntag als Erholung nachliefern. Zu viel vorgenommen.

Auf dem Breitenberg ist Nebel, ich zünde mir eine Zigarre an und schaue zum Aggenstein hinüber, über dem sich gerade eine Gewitterwolke aufbaut.

Auch als sich die Wolke lichtet, ist mir klar, dass ich den Berg heute nicht begehen werde. Noch nicht. Er ist zum Symbolberg für den Umbau des LIN DEN HOFs geworden. Und deshalb sollte ich ihn nach dem letzten Pinselstrich laufen. Als Abschluss. Weil er für zwei Jahre Schufterei und Plagen steht. Der Anstieg dort ist sehr steil, es sind 25 Kehren, bis man oben ist. Ungefähr so viele Wochenenden habe ich in den Bau investiert. Und wenn ich den Weg dann gelaufen bin, dann werde ich auf dem Gipfel stehen und mir sagen: so schlimm war es ja gar nicht. Alles zu schaffen. Gut, das dachte ich am Anfang nicht.

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